fbpx

ALLE WELT

Viel Erfolg, Kuba!

Bruno Maul ist seit vierzehn Jahren in Kuba unterwegs. Den Wandel bekommt er bei jeder Reise hautnah mit. Was bleibt in den Köpfen der Besucher nach einer Reise-Reportage? Gedanken nach der Show – von Bruno Maul.

Stille im leergefegten Saal. Ich wickle Kabel auf, packe Laptop und Beamer in meine Tourkiste und verstaue die Auslage meines Büchertisches in der Blechbox. Vor ca. einer halben Stunde war der Saal bis zum letzten Platz gefüllt. Jetzt ist der Saal leer – bin ich es auch? Das Gefühl nach so einer Veranstaltung ist schwer einzuordnen. Immer noch treibt es mir während des Vortrags das Adrenalin ins Blut und immer noch bin ich mir der Verantwortung bewusst, die ich vor allem gegenüber den Menschen habe, von denen ich in meiner Show berichte. Wie groß ist die Schnittmenge von dem, was ich erzähle und dem, was das Publikum aufnimmt?

Seit vierzehn Jahren bereise ich in regelmäßigen Abständen Kuba, seit 11 Jahren zeige ich Reise-Reportagen über diese Insel. Es war nicht immer ganz leicht, den Erwartungen der Zuschauer gerecht zu werden. Für diese 100 Minuten meiner Show picke ich mir nur einen Teil oder ein paar Aspekte heraus, die für mich die einprägsamsten waren oder mich am meisten berührt haben. Als Fotograf und Referent sehe ich mich eher als Medium zwischen Motiv und Betrachter, zwischen Protagonist und Zuschauer. Also lass‘ ich doch eigentlich alles nur durch mich durch fließen, aber nicht aussaugen. Von einer Leere kann so nicht unbedingt die Rede sein. Dennoch kann ich nicht leugnen, dass auch viel meiner eigenen Energie in diesen Auftritten verbraucht wird und mir das erst jetzt, nach der Veranstaltung, wieder bewusst wird. Aber auf eine gewisse Art fühle ich mich auch sanft beschenkt.

Heute war ein junger Kubaner im Publikum. Ich habe ihn in der Pause gefragt, ob ihm der Vortrag zu kritisch sei, was mir schon so manch deutscher, revolutionsverliebter alt-68er vorzuwerfen versuchte. „No, esto es la realidad!“ war die Antwort des Kubaners auf meine Frage. Nein, das sei die Realität. Aber gibt es nur eine Realität? Ist nicht auch die Welt von uns Mojito-schlürfenden, Salsa-tanzenden und nach Auszeit vom Alltag suchenden Kuba-Urlaubern Realität? Und genau jene Aspekte habe ich auch heute wieder nur angeschnitten. Ich kann kein Salsa tanzen, finde nur wenige Strände auf Kuba wirklich traumhaft und habe in den 25 Wochen, die ich mittlerweile auf der Insel verbracht habe, nur etwa drei bis vier Mojitos getrunken.

Aber ich spreche kubanisches spanisch und wenn ich eine Gabe in die Wiege gelegt bekommen habe, dann vielleicht jene, dass die Menschen mir vertrauen. Und so bin ich Dingen wie dem Alkohol und den süßlichen Lockrufen der Frauen auf Kuba aus dem Weg gegangen, da ich den immensen Alkoholkonsum sowie den augenscheinlichen Sexismus auch auf Kuba als problematisch und eher abstoßend empfinde. Ich bin aber dennoch offen auf die Menschen zugegangen, habe mich für sie interessiert und den größten Teil meiner Zeit im Gespräch mit Kubanern verbracht. Auch den in letzter Zeit viel beschworenen Wandel stelle ich nicht erst die letzten Jahre fest. „Insel im Aufbruch“ lautet der Untertitel meiner Reportage. Als solche sehe ich dieses Eiland schon seit meiner ersten Kuba-Reise im Jahr 2002. Der Aufbruch ist im Gange, nur keiner weiß so genau, wohin!

Doch Eines ist gewiss:
Die Kubaner wollen es selbst schaffen. Zwar mit Hilfe von außen, aber mit Hilfe von Freunden, ohne dass Bedingungen an diese Hilfe geknüpft sind. Und so hoffe ich auch heute Abend, wieder ein paar Freunde für Kuba gewonnen zu haben, die dieses Land und seine Bewohner mit Respekt sehen und bereisen mögen.

Artikel teilen:

Partner Livestreams

Schließen